Aktionsbündnis Bergheim-West: Betriebshofstandort in der Bergheimer Straße beibehalten

15.11.2018   Ökologische, klimatische, soziale, verkehrspolitische und auch städtebauliche Aspekte sprechen für die Beibehaltung des jetzigen Betriebshofstandorts in der Bergheimer Straße. Das Aktionsbündnis Bergheim-West fordert insbesondere die Grüne Fraktion im Heidelberger Gemeinderat auf, sich auf ihre ökologischen Grundwerte zu besinnen und ebenfalls für die Erhaltung des Betriebshofs in der Bergheimer Straße zu stimmen.
Standort: Fassade West, Entwurf aus Architektenwettbewerb, © Planungsgruppe Gestering | Knipping | de Vries

Wir könnten es nicht nachvollziehen, wenn wegen ihres Stimmverhaltens im Gemeinderat ein Ergebnis zu Stande käme, das zur Bebauung der Grünfläche Großer Ochsenkopf führt.  [Betriebshof am

Die Argumente des Aktionsbündnisses Bergheim-West sind:

Der jetzige Betriebshofstandort ist ein verkehrstechnisch optimaler Standort. Er ist sehr gut in das bestehende ÖPNV Netz eingebunden und bietet die notwendigen Erweiterungsflächen bzw. Kapazitätsreserven für einen modern ausgebauten ÖPNV in Heidelberg. Der Neubau des Betriebshofs kann zügig erfolgen.

Auch ein Betriebshof kann stadtverträglich und sozialverträglich in ein Wohnquartier eingebunden werden. Dafür gibt es viele gelungene Beispiele. Im Übrigen liegt auch der Standort am Großen Ochsenkopf jetzt schon zwischen Wohngebieten. Am Standort Airfield würde eine Neubebauung mittelfristig u.U. initiiert.

Die Grünfläche Großer Ochsenkopf scheidet aus ökologischen, klimatischen und sozialen Gründen als potentieller Standort aus. Die Umweltverbände BUND und NABU haben den ökologischen Wert der Grünfläche dargestellt. Die Freifläche ist nicht nur eine Freiluftschneise, die den Neckartäler Wind bis zum Pfaffengrund leitet, sondern sie ist auch ein wichtiges, nächtliches Kaltluftentstehungsgebiet. Die heutige innerstädtische Bedeutung des Großen Ochsenkopfs als grüne Naherholungsfläche wird durch eine Vernetzung mit dem Pfaffengrunder Feld und der Neckarwiese mittelfristig zusätzliche Bedeutung erlangen. Dazu trägt der Bau der neuen Fußgänger- und Radachse bei, die innerstädtische Grünflächen verbinden wird.

Eine „grüne Freifläche“ am jetzigen Betriebshofstandort wird niemals die ökologische Qualität des Großen Ochsenkopfs erreichen, sondern immer ein begrüntes Dach der darunter liegenden Tiefgarage bleiben, die für die geplante Wohn- und Gewerbeansiedlung notwendig sein wird.

Wir brauchen kein weiteres Immobilienentwicklungsprojekt am jetzigen Standort des Betriebshofs in der Bergheimer Straße, bei dem es um Privatisierung öffentlicher Fläche und um die Erzielung von privaten Gewinnen geht, sondern eine neue Form von sozialer Wohnungsbaupolitik in städtischer Hand. Das potentielle Immobilienentwicklungsgebiet liegt exponiert zwischen den städtischen Entwicklungspolen Bahnstadt und Neuenheimer Feld und in der Nähe von Bahnhof und Autobahn. Wir befürchten, dass ein „Aufwertungsdruck“ entsteht, auch auf die anderen Flächen in Bergheim-West. Der Standort des jetzigen Betriebshofs muss deshalb in öffentlichem Eigentum bleiben, damit dort ggf. in einer „Mehrfachnutzung“ eines neu erstellten Betriebshofs zusätzliche öffentliche Funktionen angesiedelt werden können.

Die politisch Verantwortlichen in Heidelberg sollten das soziale Entwicklungskonzept Bergheim-West mit einem städtebaulich verträglichen Betriebshofstandort an heutiger Stelle entwickeln, statt durch unnötige Immobilienprojekte ökologisch wichtige Grünflächen zu gefährden. Der heutige Standort bietet alle Vorteile, die ein moderner und attraktiver öffentlicher Nahverkehr braucht, ohne dass heute vorhandene Grünflächen vernichtet werden müssen. Alle bestehenden Grünflächen in Bergheim müssen dauerhaft geschützt werden. Damit meinen wir nicht nur den Großen Ochsenkopf sondern auch den Penta-Park. Wir appellieren an den Gemeinderat, bei seiner Entscheidung die Erkenntnisse aus dem aktuellen Stadtklimagutachten zu berücksichtigen. Das oberste ökologische Ziel ist die Erhaltung von wichtigem Grünraum auf dem Heidelberger Stadtgebiet.

Heidelberg, den 9.11.2018                                                      Aktionsbündnisses Bergheim: Heinz Delvos, Karin Weber, Dr. Rainer Zawatzky, Uta Ropers, Wolfgang Gallfuß


Anlage zur Presseerklärung des Aktionsbündnis Bergheim vom 9.11.2018

Fast 4.000 BürgerInnen haben mit ihrer Unterschrift für die Erhaltung der Grünfläche Großer Ochsenkopf votiert. Ein „Stadtpark“ auf einem Teil des heutigen Betriebshofs ist keine echte Alternative zur Grünfläche Großer Ochsenkopf.

Zusammenfassung: Der Große Ochsenkopf ist alles andere als eine „Hundewiese“. Sie ist auch nicht „überbewertet“. Sie ist wichtiger denn je bei steigenden innerstädtischen Temperaturen. Sie muss erhalten bleiben. Eine neu angelegte Grün-/Freifläche am jetzigen Standort des Betriebshofs kann deshalb in keiner Weise einen Ersatz darstellen.

Flächenvergleich: Die Grünfläche im Bereich des Großen Ochsenkopfs umfasst ca. 34.000 qm. Sie würde fast vollständig mit dem neuen Betriebshof bebaut werden. Es bliebe nur eine kleine Restfläche am östlichen Ende an der Gneisenaustraße übrig. Wenn eine weitere Rampe für den Radschnellweg zur Überquerung des Autobahnstutzen (B37) notwendig werden würde, fällt ein Teil dieser Fläche weg. Im Bereich des jetzigen Betriebshofstandorts in der Bergheimer Straße würden dagegen nur ca. 13.000 qm neue Grünflächen entstehen. Bergheim würde also bei einer Bebauung des Großen Ochsenkopfs ca. 21.000 qm hochwertige Grünfläche verlieren.

Klimatische Funktion: Die Fläche am Großen Ochsenkopf ist ein nächtliches Kaltluftentstehungsgebiet und eine Luftschneise für den Neckartäler Wind, der heute bis zum Pfaffengrund reicht. Beide Funktionen sind für das innerstädtische Kleinklima von großer Bedeutung. Nachzulesen im Klimagutachten von 2015. Ein Stadtpark in der Bergheimer Straße kann diese klimatische Bedeutung nicht erreichen, weil er als begrünter Innenhof und zudem höchstwahrscheinlich auf der Betondecke einer Tiefgarage angelegt sein wird.

Biodiversität: Die Ochsenkopfwiese hat sich im Zuge ihres langen Dornröschenschlafes und ihrer optimalen Sonnenexposition zu einem sehr artenreichen Biotop mit Magerrasencharakter entwickelt – im Laufe eines Jahres haben BUND und NABU dort über 150 Pflanzenarten bestimmt – so ein Biotop existiert im Heidelberger Stadtgebiet sonst nicht und könnte inmitten eines bebauten Areals am jetzigen Betriebshofgelände auch nicht entstehen, sondern nur eine ökologisch deutlich minderwertigere Grünfläche, bedingt u.a. durch eine dünne Humusauflage auf einer Betondecke. Die Artenvielfalt an Blütenpflanzen auf der Ochsenkopfwiese – darunter viele „Schmetterlingspflanzen“ – zieht Insekten an, deren drastischen Rückgang wir inzwischen überall beklagen.

Soziale Funktion: Als Naherholungsfläche mit hochwertigem Charakter bietet sich die Ochsenkopfwiese mit ihrem lockeren Baumbestand daher geradezu an – sie müsste nur mit zusätzlichen Wegen, Sitzbänken und Abfallbehältern etwas attraktiver gestaltet werden. Gerade für die BewohnerInnen am westlichen Ende von Bergheim, deren Wohn-und Lebensqualität erheblich durch den starken motorisierten Individualverkehr beeinträchtigt wird, sollte diese grüne Insel erhalten bleiben.

Grünvernetzung: Die Grünfläche Großer Ochsenkopf könnte ein wichtiges „grünes Modul“ eines vernetzten, innerstädtischen grünen Gürtels sein, der vom Kirchheimer-/Pfaffengrunder Feld, Großer Ochsenkopf über die Neckarwiese bis zum Handschuhsheimer Feld reicht. Die neu geplante Fußgänger- und Radachse vom Süden nach Norden verbindet diese grünen Inseln in und um Heidelberg.


Warum der jetzige HSB-Betriebshofstandort in der Bergheimer Straße auch aus funktionalen, technischen und sonstigen planerischen Gründen ein guter Standort ist

Zusammenfassung:
• Die am Standort Bergheimer Straße nutzbaren Flächen bieten Raum genug, um auch den zukünftigen Bedarf an Bussen und Bahnen dort abstellen und warten zu können.
• Die zentrale innerstädtische Lage dieses Betriebshofs erfüllt alle funktionalen Anforderungen, die ein moderner Öffentlicher Nahverkehr für einen reibungslosen Betrieb braucht.
• In der Bergheimer Straße können Busse und Bahnen auf überdachten Flächen abgestellt werden. Das spart dauerhaft Wartungs- und Instandhaltungskosten..
• Das Genehmigungsverfahren (Planfeststellung) für einen Neubau an der Bergheimer Straße dürfte sehr viel weniger Zeit beanspruchen als für die anderen zur Diskussion stehenden Standorte, weil es sich um das Gelände handelt , auf dem sich bereits ein Betriebshof befindet und keine Flächen von Privatpersonen beansprucht werden.
• Der HSB-Betriebshof bildet das „Herzstück“ für das innerstädtische Verkehrsnetz und damit die Voraussetzung für die Verkehrswende in Heidelberg. Er kann und muss verträglich in das Stadtbild eingebunden werden. Wohnen, Gewerbe und öffentliche Flächen sind durch eine stadt- und sozialverträgliche „hybride Nutzung“ des Betriebshofareals möglich.
• Bei knappen öffentlichen Bauflächen sind die dadurch entstehenden höheren Baukosten eine gute Zukunftsinvestition für Heidelberg.

Wir begründen diese Aussagen:
1. Kapazität:
Welchen Flächenbedarf hat ein zukunftsfähiger Betriebshof für den öffentlichen Nahverkehr?
Alle diskutierten Standorte (Airfield, Großer Ochsenkopf und Bergheimer Straße) erfüllen die Anforderungen an die notwendigen Abstellkapazitäten, die auf dem 2017 von der RNV aktualisierten Mengengerüst für die Fahrzeugflotte basieren. Das RNV-Mengengerüst berücksichtigt die Verkehrsplanungen bis 2030 einschließlich des Mehrbedarfes für die Realisierung des Mobilitätsnetzes. Es bildet auch die Grundlage für die jetzt erfolgte Fahrzeugbestellung gemäß dem Plan „Bahnbeschaffung Rhein-Neckar-Tram 2020“.

Fahrzeugbedarf :
➢ Straßenbahnen: insgesamt 41 davon 12 à 30 m Länge und 9 à 40 m Länge,
➢ Busse: insgesamt 37 davon 15 Solobusse à 12 m Länge und 22 Gelenkbusse à 18 m Länge.
Danach wird die RNV für das Heidelberger Straßenbahnnetz bis 2030 insgesamt 41 neue Straßenbahnen (Tram) beschaffen und sukzessive die Altfahrzeuge ersetzen. Mit diesem Fahrzeugbestand können alle Straßenbahnlinien des Heidelberger Netzes in der Hauptverkehrszeit (HVZ) im 10 min-Takt verkehren, die Linie 24 im 20 min-Takt von/ bis Schriesheim. Außerdem ist der Bedarf für die Straßenbahn durch das NHF und nach Schwetzingen gemäß dem Mobilitäts-Netzes mit je 2 Fahrzeugen berücksichtigt.
Netzerweiterungen über die Stadtgrenzen hängen auch von der Zustimmung anderer Kommunen ab
Da die Entscheidung einer Straßenbahnanbindung nach Schwetzingen nicht allein von Heidelberg abhängt, sondern u.a. auch von Schwetzingen und weiteren Kommunen, ist eine Realisierung in diesem Zeitrahmen äußerst fraglich. Diese 2 Fahrzeuge stehen somit für die Netzerweiterung zumindest bis PHV zur Verfügung.
Da nur über das Mobilitätsnetz hinausgehende Netzerweiterungen einen zusätzlichen Fahrzeugbedarf und damit eine Erhöhung der Abstellkapazität begründen könnten, ist die Notwendigkeit für eine zusätzliche Abstellkapazität für 5 Tram (+ 10 %), wie es die Planungen für den Großen Ochsenkopf (GO) vorsehen, nicht gegeben. Also sind diese Abstellkapazitäten aller Voraussicht nach durch die HSB in Heidelberg auch mittelfristig nicht vorzuhalten.

Angebotsverbesserungen auch ohne Fahrzeugmehrbedarf
Die im Raum stehenden und geforderten Angebotsverbesserungen beziehen sich hauptsächlich auf eine Ausdehnung der Betriebszeiten und Taktverdichtungen morgens und abends sowie an den Wochenenden. Dafür sind jedoch keine zusätzlichen Fahrzeuge erforderlich, sondern mehr Fahrpersonal. Mehr Abstellkapazitäten würden sich nur durch eine weitere Taktverdichtung ergeben. Bevor diese aber geplant und umgesetzt werden, müssten die verkehrlichen Auswirkungen mindestens auf die anderen Mobilitätsformen Rad- und Fußverkehr an den Knoten -und Kreuzungspunkten untersucht werden. Auch die Folgewirkungen für den Autoverkehr sind zu berücksichtigen. Gleiches gilt grundsätzlich auch für die Busflotte.

Aufgrund der Ausschreibungspraxis in Folge der Liberalisierung des Verkehrsmarktes werden die über die Stadtgrenze führenden Linien zur Anbindung der angrenzenden Kommunen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht mehr von der RNV bedient, sondern von der Busverkehr Rhein-Neckar GmbH (BRN) und anderen privaten Anbietern. Dieser Abstellbedarf muss nicht auf dem Gelände des Betriebshofs der HSB erfüllt werden.

Trotzdem scheint die größere ausgewiesene Abstellkapazität für zusätzliche 15 Busse (+ 30 %) am Standort GO einen Vorteil im Vergleich zur Bergheimer Straße zu bieten für eine flexible Bedarfsentwicklung im innerstädtischen Bereich. Der Standort Bergheimer Straße (BhmStr) mit dem bisher unberücksichtigten Areal der „Alten Feuerwache“ in unmittelbarer Nachbarschaft bietet jedoch ein vergleichbar hohes Erweiterungspotential für ein Busdepot. Das könnte z.B. ein Gebäude mit Busabstellung im Erdgeschoss (geschätzte Kapazität: ca. 40 Busse) und mit Mischnutzungen (Gewerbe, Büros und Wohnen) in darüber liegenden Geschossen sein. Aus diesen Gründen sind beide Standorte, GO und BhmStr, bezüglich der Kapazitätsreserven gleichwertig. D.h. man muss nicht die Grünfläche Großer Ochsenkopf opfern, um einem zukunftsfähigen, ökologischen öffentlichen Nahverkehr den notwendigen Raumbedarf zur Verfügung stellen zu können.

2. Lage im Netz
Der wesentliche Vorteil des Standortes BhmStr durch seine zentrale Lage im Netz
➢ kurze Aus- und Einrückwege (Leer-km)
➢ zweiseitige Anbindung an das innerstädtische Schienennetz
➢ hohe Flexibilität und Verfügbarkeit bei Betriebsstörungen
➢ optimale Erreichbarkeit für das Personal
besteht weiterhin - auch im Vergleich zur aktuellen Planung auf dem GO. Er bietet damit die beste Voraussetzung hinsichtlich Qualität des ÖPNV bei vergleichsweise geringsten Betriebskosten.

3. Qualitative Unterschiede der Planungen und fehlende Vergleichbarkeit
Die Kritik aus den Reihen der Bezirksbeiräte sowie der Grünen Fraktion, dass die vorliegenden Planungen für den Großen Ochsenkopf und das Airfield nicht vergleichbar sind aufgrund der unterschiedlichen Planungstiefe, ist mehr als berechtigt.
Diese Kritik trifft aber auch auf die Standortvariante Bergheimer Straße zu. Die dafür vorliegende Planung aus dem Jahr 2014 wurde lediglich geringfügig angepasst.
Eine Weiterentwicklung der Planung i.S. einer Ausschöpfung aller Möglichkeiten zur Erhöhung der Abstellkapazität, die sich z.B. durch die entfallende Werkstatt für Busse ergeben, oder auch eine bessere Ausnutzung der verfügbaren Fläche auf dem vorhandenen Grundstück, um längere Abstellgleise zu realisieren, fehlt.

4. Vergleichbarkeit der Standorte nicht gegeben
Die Vergleichbarkeit zwischen Bergheimer Straße und der Vorzugsvariante Großer Ochsenkopf (offene Abstellung der Straßenbahnen) ist auch deshalb nicht gegeben, weil mit der Abstellung der Straßenbahnen komplett in Hallen und der Realisierung der städtebaulichen Anforderungen ein ungleich höheres Niveau in der Bergheimer Straße zur Ausführung kommen wird.
Der dargestellte Kostenvorteil der Vorzugsvariante am Großer Ochsenkopf ist unzutreffend wegen dieser genannten qualitativen Unterschiede und der zu erwartenden deutlich höheren Instandhaltungskosten (ca. 8 bis 15 %) bei offener Abstellung der Straßenbahnen.

5. Konkurrierende Projekte
Die laufenden Planungen für die Gneisenaubrücke und deren Weiterführung zum Schwarzen Weg und zur geplanten Neckarbrücke mit Querung der B37 (Radschnellachse) sind in der Beschlussvorlage für den Gemeinderat (Text und Planskizzen) nicht bzw. nur unzureichend dargestellt. Diese Radwegverbindung muss die Straßenzufahrt zum Betriebshofstandort Großer Ochsenkopf kreuzen, woraus sich für einen schnellen Radverkehr wesentliche Einschränkungen und Gefahren (Konfliktpotential) ergeben. Hinzu kommt, dass voraussichtlich eine weitere Brückenrampe südlich des Autobahnstutzens notwendig wird, wenn dieser ebenfalls mit einer Brücke überspannt werden soll. Diese Option ist in den parallel laufenden Wettbewerbsplanungen für die Neckarbrücke vorgesehen, aber in den Planvorlagen für den Betriebshofstandort Großer Ochsenkopf nicht enthalten.

6. Realisierungszeit der verschiedenen Standortalternativen
Die Verwaltung unterstellt für alle Varianten die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens. Der Zeitbedarf für ein solches Verfahren hängt jedoch maßgeblich u.a. davon ab, ob und in welchem Umfang das Vorhaben den Interessen des Umwelt-und Naturschutzes entgegensteht, Lärm verursacht, die Eigentumsrechte Dritter betrifft und mit anderen Projekten im angrenzenden Bereich zu vereinbaren ist. Für den Standort Bergheimer Straße dürfte eine deutlich kürzere Realisierungszeit erwartet werden, weil die im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens zu erwartenden Einsprüche hauptsächlich das Thema Lärm betreffen werden. Dem kann jedoch bereits in der Planungsphase Rechnung getragen werden, indem von vorneherein alle baulichen Maßnahmen für einen umfassenden Lärmschutz (z.B. überdachte Ein- und Ausfahrten) ausgeschöpft werden. Andere Konflikte, die sich z.B. aus der Beanspruchung von privatem Eigentum Dritter oder aus parallelen das Vorhaben tangierenden Planungen ergeben können, wie sie für den Standort Großer Ochsenkopf schon jetzt erkennbar sind, und damit ein erhebliches Risiko für den zeitlichen Ablauf des Genehmigungsverfahrens für diesen darstellen, sind nach jetziger Einschätzung nicht zu erwarten.

7. Betriebserlaubnis und Betriebssicherheit
Der Aufwand an investiven Maßnahmen und damit verbundenen Kosten zur Aufrechterhaltung des Betriebes am derzeitigen Alt-Standort (Stichwort: Betriebssicherheit als Voraussetzung zum Erhalt der Betriebserlaubnis), der bis zur Inbetriebnahme des neu errichteten Betriebshofes erforderlich sein wird, lässt sich nur schätzen. Mit Sicherheit wird er um so höher ausfallen, die aktuelle Beschlussvorlage nennt einen Betrag von bis zu 8 Mio. €, je länger die Realisierung dieses neuen Betriebshofes dauern wird. Bei einem Neubau am Standort Bergheimer Straße dürfte hier mit dem geringsten zusätzlichen Aufwand zu rechnen sein, da aus heutiger Sicht dieser Standort die wenigsten Planungsrisiken birgt.


Behindert der Betriebshof an der Bergheimer Straße die „Soziale Stadtentwicklung in Bergheim-West“?
Die von der Stadtspitze und einzelnen politischen Fraktionen im Gemeinderat befürwortete Verlagerung des Betriebshofs von der Bergheimer Straße auf den Großen Ochsenkopf würde eine große Immobilienentwicklung an dieser Stelle auslösen. Es würden ca. 24.000 qm öffentliche Fläche privatisiert werden, mit dem Dezernat 16 dazu wären es ca. 32.000 qm. Die Heidelberger Stadtspitze kalkuliert aber heute schon mit dem Verkaufserlös von ca. 20 Mio. Euro alleine für das Betriebshofgelände, der bei einer Privatisierung erzielt werden könnte.
Diese Flächen liegen zwischen den städtischen Entwicklungspolen Bahnstadt im Süden und Neuenheimer Feld im Norden. Kurze Wege zum Bahnhof, ins Neuenheimer Feld, in die Innenstadt und zur Autobahn lassen erwarten, dass dort weitere hochpreisige Wohnungen entstehen werden, ähnlich wie in der Bahnstadt.
Das Grundstück hat also unter privaten Renditeaspekten eine hohe Wertigkeit. Die noch günstigen Wohnungen im westlichen Bergheim würden sich mittelfristig verteuern. Ein erheblicher Entwicklungs- und sozialer Druck entstünde. Man nennt das auch Gentrifizierung.
Die heute in Bergheim-West lebende Bevölkerung gehört nicht zur Zielgruppe, die sich teure Wohnungen leisten kann. Die Verlagerung des Betriebshofs mit einer „sozialen Stadtentwicklung“ zu begründen, geht also an den realen Verhältnissen vorbei.
Die kommunalpolitisch entscheidende Frage ist, ob man für das westliche Bergheim eine solche Entwicklung haben will. Eine ernsthafte, öffentliche Debatte darüber fand bisher leider noch nicht statt. Sie muss aber geführt werden, bevor man den Startschuß für diese Immobilienentwicklung mittels der Betriebshofverlagerung gibt.
Bergheim West bietet noch günstige Wohnungen für Menschen mit geringem Einkommen. Das muss erhalten bleiben.
In Bergheim West, also ab der Mittermaierstraße bis zum Großen Ochsenkopf, gibt es noch preisgünstige Wohnungen (siehe Heidelberger Mietspiegel 2017). Es leben dort überdurchschnittlich viele Menschen mit Migrationshintergrund und arbeitslose BürgerInnen. Das Einkommensniveau ist also niedriger als in den angrenzenden Gebieten. Die Beteiligung an demokratischen Wahlen ist unterdurchschnittlich. Sie betrugen zwischen25% und 35 % bei den Kommunalwahlen 2014.
All das sind Aspekte, die bei der sozialen Stadtentwicklung von Bergheim-West unbedingt beachtet werden müssen, damit nicht noch mehr demokratische Legitimationsgrundlage dort verloren geht.


Stört ein Betriebshof inmitten eines Wohngebiets?

Da die Siedlungsfläche von Heidelberg endlich ist, wird über kurz oder lang jeder alternative Betriebshofstandort in einer bebauten Siedlungsfläche liegen. Der Standort Airfield könnte dabei sogar besonders problematisch sein, da die damit verbundene Straßenbahnlinie ins PHV sich als eine Initialzündung für eine spätere Teilbebauung des erhaltenswerten Kirchheimer Feldes erweisen könnte.

Auch an den von der Stadtspitze und einigen Gemeinderatsfraktionen gewünschten künftigen Standort Großer Ochsenkopf grenzen Wohngebiete: die Siedlung Ochsenkopf, eine Schule, die Wohnblocks an der Gneisenaustraße und die Gebäude an der sogenannten „Neckarspitze“. Die geplante offene Abstellanlage im Großen Ochsenkopf ist ein größerer städtebaulicher Störfaktor für diese Wohngebiete, da sie industrieähnlichen Charakter haben wird. Vergleichbar mit der S-Bahn-Abstellanlage entlang des Wieblinger Weges. Ein Betriebshofneubau in der Bergheimer Straße wäre hingegen eine geschlossene Anlage.

Die städtebauliche sinnvolle Lösung liegt also in einer architektonisch ansprechenden Mischnutzung der vorhandenen Fläche in Bergheim, bspw. durch Überbauung des Betriebshofs mit Wohnungen und Kleingewerbe. Den Betriebshof kann man also auch in der Bergheimer Straße belassen. Historisch betrachtet hat man es früher auch geschafft, städtische Infrastrukturanlagen ansprechend in eine städtische Umwelt zu integrieren. In Bergheim (ehemaliges Gaswerk aber auch Gebäudeteile des früheren Schlachthofs, wo heute der Betriebshof steht) und in anderen Städten, bspw. Zürich oder München, gibt es dafür durchaus sehenswerte Beispiele.


Betriebshof am Standort: Fassade West, Entwurf aus Architektenwettbewerb [ © Planungsgruppe Gestering | Knipping | de Vries ]


 

15.11.2018 - 20:30