Fridays for Future: Demonstration am 19.4. in Heidelberg
25.5.2019 Rede von Lukas Weber: Heute sind über 1000 Heidelberger*innen zusammengekommen, um für die Eindämmung der Klimakrise zu demonstrieren. Trotz Ferien sind mehrere Hundert Schüler*innen gekommen und zeigen, dass es ihnen nicht ums Schwänzen geht. Es geht um Klimaschutz, es geht darum, dass die Politik endlich handelt.
foto: rothe
Die Studierenden, die heute hier sind, zeigen FfF ist kein Schul- sondern ein Bildungsstreik insgesamt. Und die Eltern, Großeltern und engagierte Erwachsenen, die mitdemonstrieren machen darauf aufmerksam, dass es um unser aller Zukunft geht. Unser aller Zukunft wird gerade verspielt und wir müssen uns alle gemeinsam dafür stark machen, sie zu erhalten. Deshalb steht unsere heutige Demo auch unter dem Titel „Everyone for Future“.
Unsere Demos laufen jetzt schon mehrere Monate und wir sind der Meinung, dass es wichtig ist, konkrete, regionale Forderungen an die Politik zu stellen, um diese zum Handeln zu bewegen. Und genau das tun wir heute!
Im Allgemeinen gilt Heidelberg ja oft als Vorreiter beim Klimaschutz. Die Stadt wurde als fahrradfreundliche Kommune und 2015 mit dem Global Green City Award ausgezeichnet, ist in verschiedenen internationalen Netzwerken aktiv und hat sich im „Masterplan 100% Klimaschutz“ das Ziel gesetzt, die CO2-Reduktionen bis 2050 um 95% zu senken.
Kritiker könnten jetzt sagen: „Heidelberg ist doch auf dem Weg in die richtige Richtung und uns fragen, warum wir hier heute vor dem Rathaus stehen, streiken und die Stadt Heidelberg ermahnen.“ Auf diese Frage gibt es zwei eindeutige Antworten.
Zum einen sind die Klimaschutzziele Heidelbergs nicht ambitioniert genug. Laut Weltklimarat müssen wir bis 2050 global ein Nettonull bei den Treibhausgasemissionen erreicht haben und wir als Industrienation müssen da deutlich früher sein. Blickt man sich in Europa um, dann sieht man, dass Vorreiter beim Klimaschutz zu sein anders geht: So will Kopenhagen etwa bis 2025 – also in 6 Jahren – CO2-neutral sein!
Zum anderen gibt es eine riesige Diskrepanz zwischen dem Image als Klimaschutzvorreiter auf der einen und den tatsächlich messbaren Erfolgen und Misserfolgen auf der anderen Seite. Nehmen wir das Ziel bis 2050 95% der CO2-Emissionen von 1987 einzusparen: Heidelberg ist da auf einem schlechten Weg. Reduzieren wir in dem Tempo weiter wie im Mittel zwischen 1987 und 2015, so landen wir 2050 nicht bei 95% Reduktion, sondern nur bei in etwa 25%. Und auch ein wissenschaftliches Gutachten im Auftrag der Stadt sagt, dass Heidelberg – mit den Maßnahmen, die aktuell geplant sind – bis 2050 maximal 50-80% seiner Emissionen einsparen wird.
Wenn die Stadt jetzt nicht handelt, verfehlt sie also ihr Klimaziel für 2050. Laut Weltklimarat ist es aber mindestens notwendig dieses Ziel einzuhalten, um die Erderwärmung auf unter 1,5 Grad zu begrenzen. Es ist notwendig dieses Ziel einzuhalten, um die Klimakatastrophe zu stoppen. Es ist notwendig dieses Ziel einzuhalten, um unser aller Zukunft zu sichern.
Deshalb sind wir heute hier und fordern die Stadt auf, Klimaschutz endlich in das Zentrum ihrer Politik zu stellen und bei jeder Entscheidung zu berücksichtigen!
Bislang hat die Stadt CO2-Reduktionsziele auf der einen Seite und CO2-Reduktionsmaßnahmen auf der anderen Seite, die aber nicht ausreichend miteinander ursächlich verknüpft sind. Deshalb reichen die Maßnahmen auch nicht aus, um die Ziele einzuhalten. Das muss sich ändern! Wir fordern die Stadt auf, sich für die einzelnen Sektoren – wie Bauen, Energie und Wärme oder Verkehr – ausreichende Reduktionsziele für 2025, 2030 zu setzen. Dann soll sie von diesen Zielen ausgehend Reduktionsmaßnahmen auswählen und umsetzen, von denen Wissenschaftler*innen bescheinigen, dass sie zur Einhaltung der Reduktionsziele ausreichen.
In den letzten dreißig Jahren hat sich aber gezeigt, dass sich die junge Generation nicht darauf verlassen kann, von führenden Politikern – die in zu vielen Fällen nur von Wahl zu Wahl denken – vertreten zu werden. Seit 30 Jahren wissen wir von der Klimakrise, seit 30 Jahren wissen wir, welche existenzielle Bedrohung sie darstellt und trotzdem wurde sie nicht aufgehalten. Deshalb fordern wir, dass das Amt einer Ombudsperson für zukünftige Generationen geschaffen wird. Diese soll die Folgen von Gemeinderatsbeschlüssen für zukünftige Generationen – gemeinsam mit einem wissenschaftlichen Beirat – abschätzen und bei wissenschaftlich begründeten, unvertretbaren Nachteilen für zukünftige Generationen einschreiten können.
Das sind also unsere Hauptforderungen. Wir wollen den Rahmen für künftige Klimaschutzpolitik in Heidelberg dadurch setzen, dass sich Heidelberg klar am 1,5 Grad Ziel ausrichtet, CO2-Reduktionsmaßnahmen aus CO2-Reduktionszielen abgeleitet werden sollen und das Amt einer Ombudsperson eingeführt werden soll, die die Interessen der nachfolgenden Generationen vertritt.
Darüber hinaus sagen wir, ist es in erster Linie die Aufgabe von Wissenschaft und Politik die konkreten Maßnahmen zur Einsparung von CO2 auszuarbeiten und umzusetzen. Trotzdem haben wir das Gefühl, dass wir den Politiker*innen konkrete Denkanstöße mit auf den Weg geben müssen, damit schnell Klimaschutzmaßnahmen ergriffen werden. Deshalb haben wir uns an wissenschaftlichen Handlungsempfehlungen für Heidelberg und „Best Practice“-Beispielen von anderen Kommunen orientiert und konkrete Maßnahmen identifiziert, die Heidelberg jetzt angehen sollte.
Heidelberg muss jetzt die Verkehrswende vorantreiben. Das bedeutet für uns: mehr und günstigeren öffentlichen Personennahverkehr, eine bessere Radinfrastruktur und die Autos durch die Erhöhung der Parkkosten verstärkt aus der Stadt zu halten. Die Botschaft muss sein: die lebenswerte Stadt der Zukunft gehört nicht mehr den Autos, sondern uns Menschen!
Heidelberg muss jetzt Klimaschutz als zentrales Leitmotiv beim Bauen und Sanieren anerkennen. Die Stadt soll die tausenden Wohnungen, die sie über die GGH hält energetisch sanieren und für Neubauten eine allgemeine Pflicht zur eignen Energieerzeugung – zum Beispiel durch PV-Anlagen – einführen.
Heidelberg muss jetzt die Energiewende beschleunigen. Dafür müssen wir nicht nur die Solarenergie vorantreiben, sondern auch endlich eine Windkraftoffensive starten. Und Heidelberg muss seine Wärmeversorgung endlich erneuerbar gestalten. Im Moment beziehen wir einen Großteil unserer Fernwärme aus dem Steinkohlekraftwerk in Mannheim. Dazu sagen wir klar: Wir wollen keine Wärme aus Kohle. Wir fordern die Stadt deshalb auf, die bis 2023 laufenden Lieferverträge nicht zu verlängern.
Heidelberg muss jetzt die Plastikflut bekämpfen. Durch das in die Umwelt gelangte Plastik werden nicht nur unsere Meere und Böden verschmutzt, sondern auch große Mengen an Treibhausgasen freigesetzt. Deshalb soll die Stadt Heidelberg eine kommunale Steuer auf Einwegplastik erheben, so wie es ihr Tübingen gerade vormacht.
Es gibt also zahlreiche Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimakrise, die jetzt schon auf dem Tisch liegen. Es gibt also auch keine Ausreden dafür, dass Heidelberg seine Klimaziele deutlich zu verfehlen droht.
Deshalb stehen wir heute – und wenn es sein muss auch noch viele weitere Freitage – hier und rufen der Stadt Heidelberg und Oberbürgermeister Würzner zu: Sehen Sie wie viele Heidelberger*innen mit Fridays for Future auf die Straße gehen! Herr OB Würzner, jetzt kennen Sie unsere Forderungen. Jetzt haben wir gesprochen – Nun erwarten wir von Ihnen, zu handeln!