Mieterverein: Einwohnerantrag Wohnungspolitik Heidelberg

Unterschriftensammlung geht weiter - „Beim Thema Nr. 1 Wohnen aktiv einmischen“
16.2.2020    „Nicht nur der DAX, auch der WODAX ist auf dem Allzeithoch“ so Christoph Nestor vom Mieterverein Heidelberg mit schwarzem Humor. Er erläutert: „Der WODAX, das ist der Wohnkostenindex, der aber leider nicht jeden Abend in den TV-Nachrichten eingeblendet wird.“ Über die teuren Wohnungen würde aber die Bevölkerungsmehrheit nicht jubeln sondern nur Wohnungsinvestoren, 
die man weiter ungehindert viel zu teure Wohnungen bauen lasse. 
Auch in Heidelberg und seinem Umland ist der Wohnraumbedarf riesig für das „Bodenpersonal“ – gemeint sind die mittleren, unteren und untersten Einkommensbezieher. In vielen Städten wehren sich Bürger bereits gegen weitere Verschärfungen am Wohnungsmarkt - nun auch in Heidelberg mit einem vom Mieterverein erarbeiteten „Einwohnerantrag Wohnungspolitik“. Den propagiert die neue Bürgeraktion WohnWende und lädt zur Mitarbeit beim Unterschriften sammeln ein.

In Heidelberg ist das Instrument des Bürgerentscheids gut bekannt. Kaum jemand kennt aber den Einwohnerantrag im § 20 b der Gemeindeordnung Baden-Württemberg, der konkrete Interventionen in die Kommunalpolitik ermöglicht. Bei 2.000 Unterschriften wahlberechtigter Heidelberger Bürgerinnen und Bürger ist er wirksam gestellt und wird dann im Gemeinderat wie alle anderen Anträge verhandelt. Der Oberbürgermeister legt eine Verhandlungsunterlage zu den beantragten Beschlussvorschlägen den Gremien des Gemeinderats und auch den Bezirksbeiräten vor, bevor letztlich der Gemeinderat abstimmt. 

Für die Sammlung der notwendigen 2.000 Unterschriften gibt es keine Zeitbegrenzung. Ab Beginn Februar wird gesammelt. Unterstützer können sich Unterschriftenlisten im Mieterverein holen und damit selbst Unterschriften sammeln. Auch auf https://wohnwende-heidelberg.de sind die Unterschriftenlisten erreichbar genauso wie ein Flugblatt, das den Antrag erläutert. 

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Der Mieterverein Heidelberg hat die seit Jahren in der Diskussion eingebrachten Vorschläge zu einer aktiven Wohnungspolitik der Stadt in dem Einwohnerantrag in 13 Punkten zusammengefasst, die untereinander in einem engen inhaltlichen Zusammenhang stehen. 

Zentraler Gedanke des Einwohnerantrags ist der Grundsatz, dass im Gegensatz der Wohnungsbaumaßnahmen der letzten Jahre nicht mehr renditeorientierte, sondern vorrangig gemeinwohlorientierte Bauträger zum Zuge kommen sollen, um die Mieten niedrig zu halten. Gemeint sind damit kommunale Wohnbaugesellschaften, Baugenossenschaften, insbesondere bürgerschaftliche Baugruppen und Wohnprojekte sowie Kleingenossenschaften. Die 3.500 in den letzten 5 Jahren entstandenen Wohnungen in Heidelberg wurden weitgehend von Bauträgern gebaut, die ihre Unternehmensziele nur mit hohen Mieten erreichen können. 

Der Schwerpunkt beim Wohnungsbau soll in den nächsten Jahren für mittlere, untere und unterste Einkommensbezieher gesetzt werden, damit weitere Verschärfungen am Wohnungsmarkt neue teure Wohnungen unterbleiben. In der Präambel des Antrags heißt es deshalb, dass „weiteres Wachstum der Stadt nur mit sozial gerechtem Wohnungsbau möglich sein darf“. Es wird darauf hingewiesen, dass mehr als die Hälfte der Haushalte einen Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein hat, den man für eine geförderte Miet- oder Eigentumswohnung braucht. Für mehr als die Hälfte der Bevölkerung soll bei neuem Baurecht „mindestens 40% dauerhaft geförderte Mietwohnung und 30% Eigentumswohnung“ vorgesehen werden. 

Besonderes Augenmerk wird auf die Kompetenz der städtischen Wohnbaugesellschaft GGH gelegt. Diese soll in den nächsten 6 Jahren mindestens 4.000 weitere geförderte Wohnungen erstellen und dafür von der Stadt Eigenkapitalzuschüsse erhalten soll. 

Zentrales Anliegen ist für die Antragsteller eine enge Verbindung der zukünftigen Wohnungspolitik mit der Region. Dafür soll ein „regionales Wohnbauforum“ entstehen, das „verbindliche Wohnbauversorgungskonzepte und deren Umsetzungsmaßnahme in den beteiligten Gemeinden erarbeitet“. Um dauerhafte bezahlbare Wohnungsversorgung in Heidelberg und der Region abzusichern, wird ein „regionaler revolvierender Wohnbaufonds Rhein-Neckar„ für die Grundfinanzierung der Wohnungsversorgung beantragt. Dieser Kapitalstock kann durch Bund, Land, Kommunen und auch Bürgerinnen und Bürger gefüllt werden und ca. 30 Jahre wirken und wird durch eine langfristige Tilgung zurückgeführt. 

Wichtigstes Projekt der Heidelberger Wohnungspolitik der nächsten Jahre ist das Patrick-Henry-Village sein. Es soll eine „Regionale Siedlung Kurpfalzhof“ werden, in der laut Einwohnerantrag „mindestens 75% der bebaubaren Flächen für Wohnungsbau in kleinteiligen Eigentumsstrukturen vorgesehen wird“. Zwischen Heidelberg und seinen Umlandgemeinden gibt es ja einen ständigen Austausch durch Pendler und Umzüge. Deshalb sollen die Umlandgemeinden beim Wohnungsbau mitmachen können, wenn sie dafür unnötige Reserveflächen im Flächennutzungsplan streichen.

Der Einwohnerantrag will auch, dass die Stadt die bisherige den Bundesbürgern gehörende Besitzerin des PHV auffordert, für den dauerhaften bezahlbaren Wohnungsbau dort die notwendigen Flächen kostenfrei in die Entwicklung einzubringen. Ein Besitzwechsel von der BImA auf die Stadt Heidelberg ist kein Wechsel der eigentlichen Eigentümer beider Institutionen, nämlich der Bürgerschaft. 

Für eine dauerhafte bezahlbare Wohnungsversorgung für alle Einkommensschichten könnten Bund und Land durch Unterstützung eines Wohnbaufonds  Rhein-Neckar und der Flächenübertragung ihre politischen Grundsatzerklärungen der letzten Zeit einlösen. 

Der Einwohnerantrag spricht auch die Rahmenbedingung des Wohnungsmarkts im Ordnungsrecht bzw. Mietrecht an. Dem Gemeinderat wird deshalb in dem Antrag vorgeschlagen, Bund und Land aufzufordern, bei Landesverordnungen oder Wohnbauförderung und Bundesgesetzen zum Mietrecht Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Gemeinden die Möglichkeit gibt, die Verschärfung am Wohnungsmarkt helfen. Dies gilt auch für die Wohnungspolitik des Bundes.

Schließlich werden auch die notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen für eine aktive Wohnungspolitik und eine gesamtstädtische Bürgerbeteiligung für die Umsetzung des Handlungsprogramms Wohnen beantragt.

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„Es wird nun Zeit“, so Christoph Nestor zum Schluss, dass „die redundanten Diskussionen über Straßenbahntrassen und Ankunftszentrum nicht länger verhindern, dass es über die richtige Wohnungspolitik in Heidelberg und insbesondere im PHV endlich einen gesamtstädtischen Diskurs gibt. Hier ist auch der neue Gemeinderat besonders gefordert. Wir rufen deshalb Einwohner aller Stadtteile auf, sich durch den Einwohnerantrag und die Bürgeraktion beim tatsächlichen Thema Nr. 1 Wohnen aktiv einzumischen.“

    • Wer aktiv helfen will, die notwendigen Unterschriften für den Einwohnerantrag zu sammeln, holt sich Unterschriftenlisten und Informationsmaterial im Mieterverein in der Poststr. 46 ab. 

    • Infos zu Einwohnerantrag¸ Unterschriftenlisten und Informationsmaterial und zur Bürgeraktion WohnWende auf: https://wohnwende-heidelberg.de.   

    • Der „Aktiventreff Einwohnerantrag“ ist montags 14-16 Uhr im Mieterverein. Dort lernt man Mitstreiter kennen und auch die Bürgeraktion WohnWende. 

 

15.02.2020 - 18:00