OB lässt wichtige Angelegenheiten nicht zur Beratung zu - Bezirksbeirat Rohrbach lässt Sitzung platzen

13.6.2018  kw  Die letzte Sitzung des Bezirksbeirates Rohrbach war zu Ende, ehe sie richtig begonnen hatte. Aus Protest dagegen, dass dem Bezirksbeirat wiederholt verweigert wurde, über wichtige Fragen des Stadtteils zu beraten, verließen die Mitglieder den Sitzungsaal unmittelbar nach der Bürgerfragestunde. Hans-Jürgen Fuchs, Vorsitzender des Stadtteilvereins, hatte zuvor eine Erklärung vorgetragen, in der er die Punkte auflistete, die dem Bezirksbeirat in letzter Zeit nicht zur Beratung vorlagen.

„Was ist ein Bezirksbeirat?“ so Fuchs, „nun, es ist das Gremium, das in der baden-württembergischen Gemeindeverordnung als Vertretung der Interessen der Stadtteile vorgesehen ist. Der Bezirksbeirat ist zu wichtigen Angelegenheiten, die den Gemeindebezirk betreffen, zu hören, heißt es darin.“

Das Fass zum Überlaufe brachte offenbar die Weigerung des Oberbürgermeisters, das wohnungspolitische Konzept zur Entwicklung der Fläche „Hospital“ zur Beratung im Bezirksbeirat zuzulassen. Es soll nur im Konversionsausschuss und im Gemeinderat  behandelt werden. Eine Reihe von Mitgliedern des Bezirksbeirates hatte nachdrücklich die Aufnahme dieses Punktes in die Tagesordnung der Sitzung gefordert. Sie wiesen in ihren Schreiben an den Oberbürgermeister darauf hin, dass der Bezirksbeirat nach der Gemeindeordnung zu wichtigen Angelegenheiten des Stadtteils anzuhören ist. Bereits in seiner Sitzung im April 2017 hatte der Bezirksbeirat die Stadtverwaltung aufgefordert, ihn frühzeitig über alle weiteren Entwicklungsschritte zum neuen Quartier im Hasenleiser auf der Fläche des früheren US-Hospitals zu informieren. Der Oberbürgermeister hatte diesem Antrag nicht entsprochen.

Einen weiteren wesentlichen Grund für die Verärgerung der Bezirksbeiräte stellt die Verschiebung der Sanierungsmaßnahme „Leimer Straße“ auf unbestimmte Zeit dar, über die der Bezirksbeirat fast beiläufig in einer knappen Vorlage informiert wurde (s. Anlage). Als Begründung nennt die Verwaltung erhebliche Kostensteigerungen, Klärungsbedarf zum Charakter der Straße (Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer oder Fahrradstraße) und einen baulichen Zustand, der keine Dringlichkeit erkennen ließe. Somit fällt diese Maßnahme nun in der Prioritätenliste der Stadt weit nach hinten. Dabei hatte die im Januar letzten Jahres vorgeschlagene Lösung, die eine Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer vorsah, nach einem mehrjährigen Planungsprozess mit intensiver Bürgerbeteiligung breite Zustimmung gefunden.

Unmittelbar nach der Sitzung war nun dem Sitzungsleiter Hans-Joachim Schmidt ein Antrag zur Einberufung einer Sondersitzung des Bezirksbeirates zum wohnungspolitischen Konzept auf den Flächen des US-Hospital (s. Anlage) übergeben worden, der die nötige Anzahl von Unterschriften trägt.


Persönliche Erklärung  des Vorsitzenden des Stadtteilvereins Rohrbach, Hans-Jürgen Fuchs : 

„Was ist ein Bezirksbeirat? Nun, es ist das Gremium, das in der baden-württembergischen Gemeindeverordnung als Vertretung der Interessen der Stadtteile vorgesehen ist. „Der Bezirksbeirat ist zu wichtigen Angelegenheiten, die den Gemeindebezirk betreffen, zu hören”, heißt es darin.

·      Aber, wie ist es, wenn zum Beispiel die Sankt-Peter-Straße umgebaut wird und dadurch eine Menge Parkplätze wegfallen?

·      Wie ist es, wenn eine im Rahmen einer ausgedehnten Bürgerbeteiligung getroffene Einbahnstraßenregelung im Helaweg aufgehoben werden soll?

·      Wie ist es, wenn ein Baubeschluss für die Leimerstraße getroffen ist und die Straße zunächst ohne Rücksprache zur Fahrradstraße werden und schließlich gar nicht umgebaut werden soll?

·      Wie ist es, wenn ein ganzes Viertel neu bebaut werden soll, das Hospital, dazu eine rege Bürgerbeteiligung stattfindet, letztendlich aber die Entscheidung über wohnungspolitisches Konzept, (die Mieten/Bauhöhe/-dichte), gefällt werden muss?

Sind das alles Themen, bei denen der Bezirksbeirat nicht gehört werden braucht? Wir im Bezirksbeirat beharren darauf: wir müssen gehört werden! Trotzdem wurde bei keinem dieser Themen der Bezirksbeirat wirklich gefragt. Nur mit einem beachtlichen Kraftaufwand war es beim einen oder anderen Thema möglich, im Nachhinein doch noch eine Beratung zu erzwingen.

Dabei sollte die Anhörung des Bezirksbeirats bei so wichtigen Themen eigentlich selbstverständlich sein. Ist es aber offenbar nicht. Einmal glaubt ein städtisches Amt, dem Bezirksbeirat stünde lediglich eine Information, die im Zweifelsfall auch über die Rhein-Neckar-Zeitung erfolgt. Ein anderes Mal diskutiert der Gemeinderat, verweist in den Ausschuss zurück, lässt aber bei einer entscheidenden Frage den Bezirksrat ebenfalls außen vor.

Dass sich hier im Beirat der Frust breit macht, ist also nicht verwunderlich. Es macht Sinn, Entscheidungen, die in erster Linie die Stadtteile betreffen, auch dort zu beraten. Nicht nur weil damit teure Fehler vermieden werden können, sondern weil es das gute Recht der Menschen vor Ort ist – Rohrbach hat immerhin 17.000 Einwohner – ihre Meinung einzubringen. Und die demokratische Pflicht derjenigen, die in Stadt und Gemeinderat das Sagen haben, die Betroffenen einzubinden. Geschieht dies nicht, wird das Modewort der Bürgerbeteiligung zur Floskel.

Viele Bezirksbeiräte, auch langgediente, möchten ihre Funktion nicht zu einem reinen Feigenblatt verkommen lassen. Deshalb fordern Sie, dass Stadt und Gemeinderat künftig ihre Rechte und Aufgaben wieder beachten. Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, verlassen wir nun die heutige Bezirksbeiratssitzung.

Bezirksbeiräte vertreten die Interessen Ihres Stadtteils. Sie sind „zu wichtigen Angelegen­heiten, die den Gemeindebezirk betreffen, zu hören”. Grundsätzlich … und nicht erst wenn Sie dieses Recht einfordern oder erzwingen!“

Heidelberg, 12.06.2018

14.06.2018 - 17:30