Freunde Arabischer Kunst und Kultur e.V.:  Driss Chraibi – „Kritischer Mittler zwischen zwei Kulturen“ - Die Zivilisation, Mutter!

Freunde Arabischer Kunst und Kultur e.V. laden ein:

Driss Chraibi – „Kritischer Mittler zwischen zwei Kulturen“ - Die Zivilisation, Mutter!
Vorstellung des bedeutenden marokkanischen Schriftstellers und seines Werks – Referent: Ammar Braik
Freitag, 22. April 2016| 20.00 Uhr | Eintritt: € 5.- 
Veranstaltungsort: Kulturzentrum der Freunde Arabischer Kunst und Kultur e.V. - Galerie Arabeske
Dossenheimer Landstraße 69, 69121 Heidelberg

 
Es ist die Geschichte einer marokkanischen Mutter, die mit Hilfe ihrer beiden Söhne eine zweite Geburt erlebt. 
Wie ein Kind entdeckt sie eine andere Welt, die ihr bisher durch die Traditionen und die kulturellen Zwänge, verborgen blieben. Mit Erstaunen und Begeisterung, ohne Rache- und Revanchegefühle, ohne Verbitterung und Hass und ohne ihre Vergangenheit zu leugnen, bemächtigt sie sich der Dinge einer ihr bis jetzt verborgenen und unbekannten Zivilisation. Sie, die Hüterin der Tradition und der Kultur, entdeckt das Lesen und das Schreiben, das Wissen und die Außenwelt, die sie seit ihrer Hochzeit mit Dreizehn nicht mehr gesehen hat. Mit Dreißig wird sie mit technischen, politischen und kulturellen Neuigkeiten konfrontiert, die ihr Dasein verändern und ihren Horizont erweitern: Das Radio, das Bügeleisen, das Telefon, das Kino und dann der Krieg…..

Der zweite Weltkrieg wird für sie der Anlass sein, sich für die Befreiung der Frauen, des eignen Volkes und sogar für die Dritte Welt zu engagieren.  Sie allein verkörpert die Mutation der marokkanischen bzw. der nordafrikanischen Gesellschaft nach dem Zweiten Weltkrieg. Sie bleibt sich treu, lustig und immer zärtlich. Zu dieser Verwandlung gesteht ihr Mann seinem Sohn: „Damals, als deine Mutter sich eines Tages daran machte, die Türen in meinem eigenen Haus durch Fenster zu ersetzen und umgekehrt, habe ich gelächelt. Ja gelächelt über so viel Kinderei. Ich sagte mir: Das ist eine Familienmutter, die Kind geblieben ist. Kinder müssen ihr Zuviel an Energie loswerden. Ich sagte mir: Das wird ihr vergehen. Ich hoffte sogar, dass sie einen falschen Schritt tun und den Weg verlieren würde. Aber geben wir es zu: Es ist ihr nichts zugestoßen, sie ist unbeirrbar vorwärtsgegangen, und ich brauchte sie nicht zu trösten und den Beschützer zu spielen, wie ich gehofft hatte. Meine Augen öffneten sich und es war mir klar geworden, dass deine Mutter, sie allein, das Bewusstsein einer unbewussten Welt war.“

Driss Chraibi wurde 1926 in El Jadida in Marokko geboren. Er wuchs als Sohn eines Teehändlers in einer bürgerlichen Familie auf, die ihm eine Ausbildung in Casablanca ermöglichte. Nach dem Abitur an einem französischen Gymnasium ging er 1945 nach Paris, um Chemie zu studieren. 1952 brach er sein Studium ab, um sich ganz dem Schreiben zu widmen, zunächst als Redakteur und Journalist. Er unternahm zahlreiche Reisen und arbeitete in den unterschiedlichsten Berufen: als Chemiker, Ingenieur, Nachtwächter, Fotograf und Arabischlehrer. 1954 erschien Driss Chraibis erster Roman „Le passé simple“, der als Abrechnung mit der traditionellen marokkanischen Gesellschaft einen Skandal in Marokko auslöste und dort bis 1977 verboten blieb. In seinem 1955 nachfolgenden Roman Die Sündenböcke verarbeitete der „kritische Mittler zwischen zwei Kulturen“ (Eva Seidenfaden) die schmerzhafte und desillusionierte Erfahrung der Migranten in der französischen Gesellschaft. 
Sein Roman „La Civilisation, ma mère!“ - Die Zivilisation, Mutter! (auf Deutsch im Unions-Verlag) erschien 1972 und gilt als eines der originellsten Werke in der maghrebinischen Literatur. 2007 starb der bedeutende Autor, einer der ganz großen Vorbilder, im Alter von 80 Jahren. Sein literarisches Werk umfasst zahlreiche Romane, in denen er der marokkanischen Gesellschaft auf humorvolle, aber auch auf sehr kritische Art ihre Traditionen und Lebensweisen vorhielt.
 Zu einer festen Institution sind inzwischen unsere DIWAN-Abende geworden. Seit bereits 16 Jahren stellen die Freunde Arabischer Kunst und Kultur e.V. neue und bekannte Stimmen aus der facettenreichen Welt der arabisch-islamischen Literatur - und über deren Grenzen hinaus – vor. Aber auch Themen anderer Natur mit soziokulturellem, politischem und historischem Hintergrund stehen immer wieder im Mittelpunkt der DIWAN-Abende, die Anlass zu wichtigen Diskussionen gibt und uns aktuelle Themen besser verstehen lassen.

Unsere Vereinsräume sind an diesem Freitag ab 19.30 geöffnet und bieten allen Interessierten die Möglichkeit, in orientalischer Erzähl-Atmosphäre bei Tee und Knabbereien, mit Menschen zusammen zu treffen, die mit der arabischen Kultur verbunden sind. Ab ca. 20 Uhr wird gelesen bzw. vorgetragen (auf Deutsch) - Ende der Veranstaltung ist jeweils gegen 22 Uhr - Eintritt Euro 5.- 
 

Freunde Arabischer Kunst und Kultur e.V.
Kulturvielfalt der arabischen Welten erleben und erspüren
Sitz und Veranstaltungsort: Galerie Arabeske 
Dossenheimer Landstrasse 69 - 69121 Heidelberg info@arabischekultur.de www.arabischekultur.de 
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